Grüner Bitcoin, brauner Bitcoin
Debatte um Energieverbrauch von Kryptowährungen – Technologie birgt auch Nachhaltigkeitschancen
Der hohe Energieverbrauch bei der Verifikation neuer Bitcoin-Einheiten führt wiederholt zu Diskussionen. Während die absolute Höhe des Verbrauchs unbestritten ist, bleibt die Frage nach dem resultierenden Nutzen der Kryptosysteme offen. Ein Vergleich zu traditionellen, zentralen Abwicklungssystemen scheitert an methodischen Fragen.
Von Wolf Brandes, FrankfurtIn den Medien nimmt die Auseinandersetzung zum Thema Nachhaltigkeit bei digitalen Anlagen gelegentlich an Schärfe zu. „Krypto gegen Klima: Der Bitcoin ist eine Umweltsau“, lautete eine Überschrift der „Schweizer Handelszeitung“. Der hohe Stromverbrauch beim Mining ließ die Kritiker fragen: „Warum wettert die Klimajugend nicht gegen Kryptowährungen?“ Der Vergleich vom Stromfresser Bitcoin mit spritschluckenden SUVs ist schnell gezogen.Obgleich Bitcoin eine virtuelle Währung ist, braucht es zur Generierung neuer Einheiten große Rechnerkapazitäten, mit denen Käufe und Verkäufe validiert werden. Dieses Verfahren ist im Bitcoin-Protokoll festgelegt, gilt aber als ineffizient.Der hohe Stromverbrauch führte Mitte Mai dazu, dass Tesla-Chef Elon Musk in einem Tweet verkündete, dass der US-Elektroautobauer Zahlungen mit Bitcoin wegen Umweltbedenken stoppt. Die Energiebilanz sei inakzeptabel, insbesondere der Einsatz von Kohle bei der Stromgewinnung. Erst wenn die für die Produktion der Cyberdevisen benötigte Strommenge überwiegend durch erneuerbare Energie erzeugt werde, würde Tesla wieder Bitcoin als Zahlungsmittel zulassen.Gewaltige VergleichswerteDie kontroverse Diskussion um den Energieverbrauch beim Bitcoin wird untermauert durch Zahlen des Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index (CBECI). So schätzen Forscher, dass das Schürfen von Bitcoin pro Jahr 104 Terawattstunden (TWh) Strom verbraucht. Zum Vergleich: Für die Goldgewinnung werden jährlich rund 131 TWh benötigt, für Datencenter 200 TWh.Für Sven Giegold, Grünen-Politiker im Europaparlament, ist das Verifikationssystem von Bitcoin das Problem: „Je teurer Bitcoin wird, desto höher schraubt der Algorithmus den Energieverbrauch. Es ist Augenwischerei, wenn die Bitcoin-Community sagt, das sei kein Problem und man nutze erneuerbare Energien. Das wäre schön, wenn wir erneuerbare Energie im Überfluss hätten.“ Ihm geht es darum, alle Systeme energieeffizient zu gestalten. „Es kann nicht sein, dass wir für Lampen, Autos und Gebäude Energieausweise haben und bei Bitcoin sagen, der Zweck heiligt die Mittel.“Enorme RechenleistungDass der Stromverbrauch beim Mining von Bitcoin hoch ist, bestreitet niemand ernsthaft. Dementsprechend ist auch der CO2-Fußabdruck signifikant. „Aber ich bin sicher, dass Bitcoin in den nächsten zwei Jahren immer ,grüner` wird. Das liegt daran, dass zunehmend erneuerbare Energien beim Mining benutzt werden“, sagt Philipp Sandner, Leiter des Blockchain Center der Frankfurt School of Finance. Wichtig sei das Verständnis für die Technologie. Blockchains funktionieren anders als herkömmliche IT-Systeme. Je nachdem, wie sie aufgebaut sind, haben die Blockchain-Arten unterschiedliche Auswirkungen auf die Umwelt. Die Proof-of-Work-Blockchain (PoW) ist die wohl bekannteste Form. PoW steckt hinter traditionellem Blockchain-Mining. Dabei müssen „Miner“ eine zufällige Zahl finden, um der Chain einen neuen Block hinzufügen zu dürfen. Dies erfordert eine enorme Rechenleistung.Bitcoin und Ethereum verwenden PoW, doch angesichts der Bedenken hat Ethereum einen Wechsel zum Proof-of-Stake-Modell angekündigt, das einen wesentlich geringeren Energieverbrauch aufweist. Denn beim Proof of Stake (PoS) entfällt das rechenintensive Wettrennen darum, wer den nächsten Block validieren darf. Stattdessen frieren Staker einen gewissen Anteil an Kryptowerten der jeweiligen Blockchain ein. Nach der Höhe dieses Anteils richtet sich, wer den Zuschlag zur Blockvalidierung erhält. Zudem nutzt PoS normale Computer und kann über die Cloud betrieben werden.